Lion Feuchtwanger
Die häßliche Herzogin

Dieses Buch wurde als zweiter Bandder fünften Jahresreihe für die Mitgliederdes Volksverbandes derBücherfreunde hergestellt und wirdnur an diese abgegeben. Den Einbandzeichnete Walter Wellenstein

Nachdruck verboten
Copyright 1923 by Volksverband der Bücherfreunde,
Wegweiser-Verlag G. m. b. H., Berlin

Die häßliche Herzogin

Roman
von
Lion Feuchtwanger

Volksverband der Bücherfreunde
Wegweiser-Verlag G. m. b. H.
Berlin 1923

Erstes Buch

Zwischen der Stadt Innsbruck und dem Kloster Wiltenauf weitem, freiem Blachfeld hoben sich Gezelte,Fahnenstangen; Tribünen waren aufgerichtet, eine ArtRennbahn abgesteckt für Turniere und andere sportlicheSpiele des Adels. Für viele tausend Menschen war Raumgeschaffen, Bequemlichkeit, Vorbereitung zur Kurzweil.Schon das zweite Jahr bedeckten diese Zelte die Felder vonWilten, wartend auf die große, prächtige Hochzeit, dieHeinrich, Herzog von Kärnten, Graf von Tirol, Königvon Böhmen, ausrichten wollte. Die Klosterbrüder sorgtendafür, daß der Wind die Zelte nicht schädige, daß dieArena für die sportlichen Spiele nicht zuwachse, daß dieTribünen nicht zusammenmorschten. Aber das Fest zögertesich hinaus, der zweite Hochzeitsplan schien sich ebensozerschlagen zu haben wie der erste. Die Bürger von Innsbruck,die Mönche von Wilten schmunzelten, die Bergeschauten gleichmütig herunter. Die Frauen der Innsbruckerspazierten zwischen den feinen, bunten Leinwänden,die Kinder spielten Haschen über die Tribünen hin, Liebespaarebenutzten die Zelte zu willkommenem Versteck.

Der alternde König Heinrich – ganz Europa ließ ihmgutmütig und ohne Spott den Königstitel, trotzdem er seinKönigreich Böhmen längst verloren hatte und nur mehr dieGrafschaft Tirol und das Herzogtum Kärnten besaß –, rittmißmutig zwischen den Zelten. Er hatte in der Abtei Wiltenein kleines Frühstück genommen, gebackene Forellen inIngwer gesotten, Hühner in Mandelmilch, zum NachtischGratias und Konfekt. Aber sie verstanden sich in Wiltennicht auf wirklich erlesene Küche: die Nuancen fehlten. DerAbt war ein wackerer, beflissener, gescheiter Herr und einguter, verwendbarer Diplomat, aber von den Nuancender Küche verstand er nichts. Ihm jedenfalls, dem König,hatte es nicht geschmeckt, und während sonst nach dem Essenseine Laune sich zu heben pflegte, war sie jetzt noch trüberals zuvor. Er ritt das kleine Stück Weges nach Innsbruckohne Rüstung. Die knappe, modische Kleidung beengteihn; es war nicht zu leugnen, er wurde jetzt von Monatzu Monat fetter. Aber er war ein weltmännischer, ritterlicherHerr; er saß prächtig auf seinem edlen, geschmücktenPferd und ließ sich von den unmäßig langen, weitenÄrmeln nicht behindern.

Leichter Wind ging, flockte den Schnee auf, bauschte dieZeltwände, ließ sie flattern, klatschen. Das kleine Gefolgewar zurückgeblieben, der König ritt allein, langsam, lässig.

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