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Der Nachsommer

Eine Erzählung von
Adalbert Stifter

Inhalt:

Die Häuslichkeit
Der Wanderer
Die Einkehr
Die Beherbergung
Der Abschied
Der Besuch
Die Begegnung
Die Erweiterung
Die Annäherung
Der Einblick
Das Fest
Der Bund
Die Entfaltung
Das Vertrauen
Die Mitteilung
Der Rückblick
Der Abschluß

Die Häuslichkeit

Mein Vater war ein Kaufmann. Er bewohnte einen Teil des erstenStockwerkes eines mäßig großen Hauses in der Stadt, in welchem er zurMiete war. In demselben Hause hatte er auch das Verkaufsgewölbe, dieSchreibstube nebst den Warenbehältern und anderen Dingen, die er zudem Betriebe seines Geschäftes bedurfte. In dem ersten Stockwerkewohnte außer uns nur noch eine Familie, die aus zwei alten Leutenbestand, einem Manne und seiner Frau, welche alle Jahre ein oder zweiMale bei uns speisten, und zu denen wir und die zu uns kamen, wennein Fest oder ein Tag einfiel, an dem man sich Besuche zu machen oderGlück zu wünschen pflegte. Mein Vater hatte zwei Kinder, mich, denerstgeborenen Sohn, und eine Tochter, welche zwei Jahre jünger war alsich. Wir hatten in der Wohnung jedes ein Zimmerchen, in welchem wiruns unseren Geschäften, die uns schon in der Kindheit regelmäßigaufgelegt wurden, widmen mußten, und in welchem wir schliefen. DieMutter sah da nach und erlaubte uns zuweilen, daß wir in ihremWohnzimmer sein und uns mit Spielen ergötzen durften.

Der Vater war die meiste Zeit in dem Verkaufsgewölbe und in derSchreibstube. Um zwölf Uhr kam er herauf, und es wurde in demSpeisezimmer gespeiset. Die Diener des Vaters speisten an unseremTische mit Vater und Mutter, die zwei Mägde und der Magazinsknechthatten in dem Gesindezimmer einen Tisch für sich. Wir Kinder bekameneinfache Speisen, der Vater und die Mutter hatten zuweilen einenBraten und jedesmal ein Glas guten Weines. Die Handelsdiener bekamenauch von dem Braten und ein Glas desselben Weines. Anfangs hatte derVater nur einen Buchführer und zwei Diener, später hatte er viere.

In der Wohnung war ein Zimmer, welches ziemlich groß war. In demselbenstanden breite, flache Kästen von feinem Glanze und eingelegterArbeit. Sie hatten vorne Glastafeln, hinter den Glastafeln grünenSeidenstoff, und waren mit Büchern angefüllt. Der Vater hatte darumdie grünen Seidenvorhänge, weil er es nicht leiden konnte, daß dieAufschriften der Bücher, die gewöhnlich mit goldenen Buchstaben aufdem Rücken derselben standen, hinter dem Glase von allen Leutengelesen werden konnten, gleichsam als wolle er mit den Büchernprahlen, die er habe. Vor diesen Kästen stand er gerne und öfter,wenn er sich nach Tische oder zu einer andern Zeit einen Augenblickabkargen konnte, machte die Flügel eines Kastens auf, sah die Bücheran, nahm eines oder das andere heraus, blickte hinein, und stellte eswieder an seinen Platz.

An Abenden, von denen er selten einen außer Hause zubrachte, außerwenn er in Stadtgeschäften abwesend war oder mit der Mutter einSchauspiel besuchte, was er zuweilen und gerne tat, saß er häufig eineStunde, öfter aber auch zwei oder gar darüber, an einem kunstreichgeschnitzten alten Tische, der im Bücherzimmer auf einem ebenfallsaltertümlichen Teppiche stand, und las. Da durfte man ihn nichtstören, und niemand durfte durch das Bücherzimmer gehen. Dann kam erheraus und sagte, jetzt könne man zum Abendessen gehen, bei

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