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Religiös-wissenschaftliche Vorträge
von Otto Cohausz S. J.
VIII. Moral ohne Religion.
Göbel & Scherer [H. Klemmer], Verlagsbuchhandlung
Würzburg 1912.
Mit Erlaubnis der Ordensobern.
Nihil obstat.
Wirciburgi, 12. Januar 1912.
Dr. Hergenröther, Canonicus.
Imprimatur.
Würzburg, den 13. Januar 1912.
Heßdörfer, vic. general.
Kraus.
Die religiösen Werte hat die »Moderne« zum Teilverworfen, der moralischen kann sie nicht entraten,denn der tugendhafte Mensch bleibt ja ihr Ideal; da die»Götter für sie tot sind«, soll der »Übermensch leben«.Um den tugendhaften Menschen heranzubilden, bedarf sieaber der Tugendlehre. Wohl lehrt auch das ChristentumTugend und Moral. Aber das steht ja einmal bei denNeueren fest, daß Christliches sie nicht mehr beglückenkann. Darum sucht man nach neuen ethischen Gesetzen.
So uneinig man nun auch in der Aufstellung neuermoralischer Werte sein mag, in einem Punkte trifft manzusammen: darin, daß eine reinliche Trennung von Moralund Religion vorgenommen werden muß.
Gott ist der christlichen Moral Kern und Stern; er istdie letzte Norm der christlichen Moral, er ihr letzter Verpflichtungsgrundund ihre allein durchschlagende Werbekraft.Nach allen drei Beziehungen soll Gott ausgeschaltetund die neue Ethik auf sich selbst gestellt werden. UnmöglicheForderungen!
Auf die Frage: warum ist etwas gut, z. B. dieHeiligung des Sabbats und die Ehrfurcht vor den Eltern,und warum ist etwas, z. B. Unzucht und Diebstahl, schlecht?antwortet der Christ wohl zuerst: weil Sabbatheiligungund Elternliebe von Gott geboten und weil Unzucht undDiebstahl von ihm verboten wurden. Sein nächstliegendesUnterscheidungsmerkmal findet er also in den »Zehn Geboten«.[4]Er geht darin sicher; denn, was Gott geboten,kann nicht sittlich schlecht, und was er verboten, nicht sittlichgut sein. Diese Norm ist zwar nicht die letzte objektive,wie später gezeigt werden wird, aber doch die praktischbrauchbarste, weil nächstliegende.
Die Moderne will dieses Kriterium, weil es in einem»Fremdwillen« und auf »religiösen Verpflichtungen«beruht, nicht gelten lassen. »O, mei