Produced by Delphine Lettau and Mike Pullen
This Etext is in German.
This book content was graciously contributed by the Gutenberg Projekt-DE.
That project is reachable at the web site http://gutenberg.spiegel.de/.
Dieses Buch wurde uns freundlicherweise vom "Gutenberg Projekt-DE"zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist unter der Internet-Adressehttp://gutenberg.spiegel.de/ erreichbar.
Medea
Franz Grillparzer
Trauerspiel in fünf Aufzügen
Personen:
Kreon, König von Korinth
Kreusa, seine Tochter
Jason
Medea
Gora, Medeens Amme
Ein Herold der Amphiktyonen
Ein Landmann
Diener und Dienerinnen
Medeens Kinder
Erster Aufzug
(Vor den Mauern von Korinth. Links im Mittelgrunde ein Zelt
aufgeschlagen. Im Hintergrunde das Meer, an dem sich auf einer
Landspitze ein Teil der Stadt hinzieht. Früher Morgen noch vor
Tages Anbruch. Dunkel.)
(Ein Sklave steht rechts im Vorgrunde in einer Grube, mit derSchaufel grabend und Erde auswerfend. Medea auf der andern Seite,vor ihr eine schwarze, seltsam mit Gold verzierte Kiste, in welchesie mancherlei Gerät während des Folgenden hineinlegt.)
Medea.
Bist du zu Ende?
Sklave.
Gleich, Gebieterin!
(Gora tritt aus dem Zelte und bleibt in der Entfernung stehen.)
Medea.
Zuerst den Schleier und den Stab der Göttin;
Ich werd euch nicht mehr brauchen, ruhet hier.
Die Zeit der Nacht, der Zauber ist vorbei
Und was geschieht, ob Schlimmes oder Gutes,
Es muß geschehn am offnen Strahl des Lichts.
Dann dies Gefäß: geheime Flammen birgt's,
Die den verzehren, der's unkundig öffnet;
Dies andere, gefüllt mit gähem Tod;
Hinweg ihr aus des heitern Lebens Nähe!
Noch manches Kraut, manch dunkel-kräft'ger Stein,
Der ihr entsprangt, der Erde geb ich euch.
(Aufstehend.)
So. Ruhet hier verträglich und auf immer!
Das Letzte fehlt noch und das Wichtigste.
(Der Sklave, der unterdes aus der Grube heraufgestiegen ist undsich hinter Medeen, das Ende ihrer Beschäftigung abwartend,gestellt hat, greift jetzt, um zu helfen, nach einem, an einerLanze befestigten, Verhülltem, das an einem Baume hinter Medeenlehnt; die Hülle fällt auseinander, das Banner mit dem Vlieseleuchtet strahlend hervor.)
Sklave (das Banner anfassend).
Ist's dieses hier?
Medea.
Halt ein! Enthüll es nicht!—
Laß dich noch einmal schaun, verderblich Gastgeschenk!
Du Zeuge von der Meinen Untergang,
Besprützt mit meines Vaters, Bruders Blut,
Du Denkmal von Medeens Schmach und Schuld.
(Sie tritt mit dem Fuße auf den Schaft, daß er entzweibricht.)
So brech ich dich und senke dich hinab
In Schoß der Nacht, dem dräuend du entstiegen.
(Sie legt das gebrochene Banner zu dem andern Gerät in die Kisteund schließt den Deckel.)
Gora (vortretend).
Was tust du hier?
Medea (umblickend).
Du siehst's.
Gora.
Vergraben willst du
Die Zeichen eines Dienstes, der Schutz dir gab
Und noch dir geben kann?
Medea.
Der Schutz mir gab?
Weil mehr nicht Schutz er gibt, als er mir gab,
Vergrab ich sie