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STEGLITZ-berlin,
1 Friedrichstraße,
31. August 07.
Sehr verehrter Herr Krauss!
Sie wollen einem Ethnologen, und zwar einem »Amerika- undSüdseereisenden«, der sich bei den nackten und wildenKindern der Tropen am wohlsten gefühlt hat, Ihre»Slavischen Volkforschungen« widmen? seinen Namen inehrender Form mit dem Werk über ein Gebiet verknüpfen, aufwelchem Sie der anerkannte Meister sind und er in völligerUnwissenheit befangen ist? Ich könnte mich dabei beruhigen,daß symbolische Handlungen unter Kulturmenschen sinnlos seindürfen. Aber glücklicherweise ist das Trennende zwischenunseren Berufen nur Schein — zumal in Anbetracht derEntstehungsgeschichte dieses Buches. Die prächtigen Guslarenliederund ein großer Teil der Aufzeichnungen, die jetzt endlich ineinem gewichtigen Bande herausgegeben werden sollen, stellen Sammlungendar, die Sie als junger, gänzlich mittelloser Mann mit unglaublichzäher Arbeit und unter den schwierigsten äußerenBedingungen geborgen haben: Sie haben bei dem Wandern unter IhrenSüdslaven nach Lage der Dinge damals keine geringeren materiellenEntbehrungen erlitten und sind zweifellos von keinem geringerenwissenschaftlichen Idealismus getragen worden als der vortrefflichsteForschungsreisende in irgend einem fremden Erdteil! Auch in dem einenkennzeichnenden Punkt halten Sie den Vergleich mit den echtenPfadsuchern unbekannter Länderstriche aus, daß Sie sich IhreAufgabe selber geschaffen haben: Sie erkannten den hohen Werteindringlichster volkskundlicher Erhebungen im Dunstkreis dereuropäischen Kultur zu einer Zeit, als die berufenenWürdenträger der südslavischen Gelehrsamkeit noch keineAhnung hatten von den Schätzen, die sie umgaben. [VI]
Aber die wichtigere Übereinstimmung, die ich gegenüberIhrem Anerbieten empfinde, liegt in dem Objekt der