Umschlag
Titel



Melchior Vischer
Der Teemeister

 

 

 

 

 

 

 

 

 

MCMXXII
Jakob Hegner, Hellerau

 

 

 

 

». . . Wahrlich!
Rikyu war einer unter tausend
unter den Teemeistern . . .«

Okakura Kakuzo

 

 

 

Haus brannte, auch papiernerLampion fing Feuer, Nachthimmelwar gar nicht so schwarz, eher bläulich, nun goss Rot vonunten in gischtender Garbe hoch, Zikaden zirpten erwachendauf, ungeheuer leise, doch gleichwohl schrill für gläserneOhren, verzweifelter Greis fiel zu Boden und weinte; auch dieandern, bestürzt schauend, schienen dasselbe zu tun, währenddemmitten drinnen im sonderbar heulenden Brandesbad stillesHeldenschicksal sich schlicht vollzog, ohne dass Zuschauerdafür Zeugnis ablegen konnten; einfach und mit zwingenderNotwendigkeit blühte das Grosse auf, denn auf schon lichterlohbrennendem Tokonoma stand die alte Teeschale, unermesslichkostbar, mehr als tausend Jahre am Leben, fern von Chinahergekommen, aus ehrwürdiger Hand des grossen Lu Yü, standsie und war in Gefahr; ein Stück seltenster Schönheit; wildkochte schon erste Flamme, ihr sehr nahe. Trotzdem knapp vorTod, vergass er keinen Moment, sie in grösster Verehrungzu schätzen; heisser, immer noch heisser schritt Ende an, Verzweifeltersah um sich, kein Ausweg, Feuerring schloss präzis,liess keinen Auslug, dicht kroch Siedehitze am Boden, belecktetastend Füsse, züngelte höher, Kimonosaum ward hell, da erfasstenun schon mutig gestellter Blick in aufschäumenderLiebe die schöne Tasse, innig, ganz. Kehle von Verbrennungsqualmschon sehr umkrallt, schwankte er hin, griff das Porzellan,behutsam, kleines Seitenmesser beinah schon heiss,schnell gezückt, schnitt Bauch auf, Schmerz und Feuer stachAugen blind, dennoch tieferer Schnitt nun, gütig machten EingeweidePlatz, Tasse ward sicher eingebettet, tastend, gleichwohlmit aller Sorgfalt, Blut siedete schon, Haut legte sichschützend darüber, bedeckte abwehrend, erste Flamme frass,ein kurzer Laut, zerbissen in stürzendes Bambusgerüst geächzt,verging schwach, Feuer herrschte unentwegt bis zumSchluss: Weisse Blüte roch betäubend, streifender Kimono warpurpurrot, Geflüster in Nähe beinah klagend, gepanzert schellenderTritt des Wächters draussen, Blick des Taiko war Zirkel,der stach wie Blitz, scharf, ganz glühendes Auge des Herrschersschwebte in warmer Luft, bis sich, was wahrnehmbaren Sinnenferne lag, wirklich vollzog; denn er, Rikyu, der Teemeister,stand, erschüttert von eben ingeschautem Erlebnis, das ihndurchtobt, umbebt von Vision, die noch brodelte, schaute nunauf, hin zum Taiko, dessen eines Auge fiebernd im Raum zuschweben schien; und Ereignis, wunderbar, ward: Der Herrschersprach auf einmal Sätze, fremdsam, aus Elfenbein geschnitzt,chinesisch verschnörkelt, Sätze, die er, Rikyu selbst,eben im Innern seiner Seele erlebte, erschaute; er konnte nichtsprechen, doch der Taiko sprach laut, was Traumland seinesHirns schön durchfuhr:

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