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Bibliothek moderner deutscher Autoren Band 6 |
Otto Julius Bierbaum
Novellen
Umschlag von Richard Lux
Wiener Verlag
Wien und Leipzig
1905
Der Verleger behält sich sämtliche Rechte vor
Druck der k. und k. Hofbuchdrucker
Fr. Winiker & Schickardt, Brünn.
Otto Julius Bierbaum
erblickte das Licht dieser Welt am 28. Juni 1865zu Grünberg in Niederschlesien als der Sohn eineseingebornen Konditors und einer sächsischen Bergmannstochter.In der väterlichen Familie waren zweiBerufszweige erblich: Ein süßer: die Zuckerbäckerei,und ein saurer: die protestantische Theologie. OttoJulius hatte aber wohl einen besonders starkenGemütseinschlag von der mütterlichen Familie her(in der einmal, zur Zeit Napoleons, ein französischerTambour eine Gastrolle gegeben haben soll) und sofand in ihm weder die süße noch die saure Familientraditionihre Fortsetzung. Doch blieb ihm Zeit seinesLebens von Abstammung wegen ein ausgesprochenerSinn für bessere Kuchen und Edelmetalle imBlute, ohne daß er ihn indessen immer befriedigenkonnte. Dieses Unvermögen kommt aber eben daher,weil er, statt das Süße oder das Saure oder sonstwas Ordentliches zu lernen, sich von Jugend aufdem Laster des Versemachens und Fabulierens hingegebenhat. Was hat er davon? —: Ein immerzweifelhaftes Budget und die Ungnade des LiteraturaufsehersBartels in Sulza bei Weimar — O, daßdoch dieses gewiß gräßliche, aber leider nicht unverdienteSchicksal abschreckend auf alle unerfahrenenJünglinge und Jungfrauen wirken möchte, die indem Wahne leben, das Dichten sei eine einträglicheBeschäftigung und mache wohlgelitten bei ernstenKunstwärtern und gelehrten Literaturbeaufsichtigern!In Wahrheit führt es, wenn man sich ihm nichtauf der Basis einer sehr anständigen Rente hingibt,direkt ins Versatzamt und erregt, wenn es nicht sovorsichtig ausgeübt wird, daß alles Vergnügendaran zum Teufel geht, nur Unwillen.
Dieser Unwillen steigert sich zur Empörung, wennder Unbesonnene, der ihn hervorgerufen hat, stattsich durch weise Beschränkung auf ein bestimmtesFach der Dichtkunst wenigstens zum Spezialistenauszubilden, auch noch einen Mangel an Charakteroffenbart, indem er halt- und ziellos in allenFächern der Poeterei herumfährt und, wie isteO. J. B., außer Gedichten jeder Art und Unartauch noch Novellen, Romane, Operntexte, Dramen,Balletts, Reisebeschreibungen, Märchen und allerhandAufsätze über allerhand Menschen, Dinge undIdeen von sich gibt. Dies ist ein so grober Verstoßgegen das moderne Gesetz von der Teilung derArbeit, daß man nicht energisch genug dagegenFront machen kann. Warum, so fragen wir mitNachdruck, hat sich O. J. B. nicht damit begnügt,den ’Lustigen Ehemann‘ zu verfassen? Wie klarumrissen stünde dann sein Bild im Herzen derdankbaren Mitwelt, während es jetzt unruhig undfatal hin- und herz