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Uebersetzt
von
Vorrede.
Den Vorwurf, der meinen Uebersetzungen aus dem Mittelhochdeutschen, derNibelungen namentlich, gemacht worden ist, als hätten sie denOriginalen Abbruch gethan, könnte ich mir schon gefallen laßen, dennsie müsten sie, wenn er begründet sein sollte, übertroffen haben.Leider vermag das keine Uebersetzung, und so werde ich mich statt jenesschmeichelhaften Tadels mit dem bescheidenen Lobe begnügen müßen,Unzählige, und vielleicht den Ankläger selbst, den Originalen zugeführtzu haben. Daß dieß Uebersetzungen, und zwar besonders solche thun, dieZeile für Zeile, gleichsam Wort für Wort übertragen, ist GoethesAusspruch, auf den ich mich schon im Freidank S. XIII. berufen durfte."Sie erregen," sagt der Altmeister, "eine unwiderstehliche Sehnsuchtnach dem Original." Weil aber immer etwas hangen bleibt, will ich, dieAnklage ganz aus dem Felde zu schlagen, diese Sehnsucht zu befriedigenhelfen, indem ich das Original neben die Uebersetzung stelle.
Ueber den Schaden, welchen Uebersetzungen anrichten könnten, (seht wasein storch den foeten schade, noch minre schaden hânt si mîn), habe ichmich in der Vorrede zur 1. Aufl. mit stärkern Worten ausgesprochen alsich es hier nach dem Spruche de mortuis nil nisi bene dürfte. Ich laßeaber diese frühe Vorrede auch aus andern Gründen wieder abdrucken, mußindes bemerken, daß ich jetzt nicht mehr drei, sondern vier Hebungen imersten Halbvers annehme. Ferner laß ich, weil darin zweier in der"Einleitung" mitgetheilter Gedichte und einer "Weihe" gedacht ist, auchdiese folgen; ja vielleicht wird es mir nicht verdacht, wenn ich auchdie Erwiederung Fouqués, an welchen jene "Weihe" gerichtet war, aus demGesellschafter, 1827 Nr. 85 (28. Mai) einrücke.
Um das Auge nicht zu beleidigen, geb ich Urschrift und Uebersetzung mitder gleichen Schrift, die mir, nachdem einige Zeichen hinzugekommensind, auch für das Mittelhochdeutsche die geeignete scheint. DasNeuhochdeutsche anlangend, so hat Jacob Grimm, der sich in einem Briefean F. Pfeiffer beschwert, daß er nicht einmal das ß, wo es organischist, durchzusetzen vermocht habe, dieß durch den Gebrauch der rundenSchrift, die man ausschließlich lateinisch zu nennen pflegt, als ob dieeckige nicht den gleichen Ursprung hätte, selber verwirkt, denn dieseSchrift hat kein ß, und nicht Jeder ist in der Lage, sich einsschnitzen zu laßen, ja er selber war es nicht immer. Sie hat eigentlichauch kein k und verführte J. Grimm selbst zu der ungeheuerlichenSchreibung Cöln, was Zöln gesprochen werden müste, vergl. Cölibat, undalso die Kölner, die sich ihrer bedienen, zu Zölnern und Sündern widerdie deutsche Lautlehre macht. Für das Mittelhochdeutsche hat sie erstBeneke und in den Nibelungen Lachmann durchgesetzt; jedoch hat Lachmanndie Prachtausgabe seiner Zwanzig Lieder mit eigens dazu gegoßenenwunderschönen eckigen s.g. deutschen Lettern drucken laßen. Ich selbsthabe sowohl im Lesebuch als im Wartburgkrieg zu der s.g.lateinischen greifen müßen, weil es da der Mühe nicht lohnte, für dieUmlaute des langen a und o sowie für das weichere z, das wir ß nennenund schreiben, eigene Zeichen (æ und oe und z) schnitzen und gießen zulaßen, wie das hier geschehen konnte.
Die Nebeneinanderstellung von Text und Original nöthigte zu genauermAnschluß an das Original, das aber erst redigiert werden muste, dennich konnte keiner der drei Faßungen (Recensionen), in denen das Gedichtvorliegt, ausschließlich vertrauen: keine bewahrt allein da